Magdeburg – Anlässlich der Vorstellung der Jahresstatistik 2018 der Wohnungswirtschaft in Sachsen-Anhalt erklären die Verbandsdirektoren Ronald Meißner (VdWg) und Jens Zillmann (VdW):
„Die kommunale und genossenschaftliche Wohnungswirtschaft des Landes Sachsen-Anhalt zieht für das Jahr 2018 eine insgesamt positive Bilanz. Die 192 Wohnungsunternehmen beider Verbände verwalten und bewirtschaften 327.224 Wohnungen (ca. 42,5 Prozent des Gesamtmietwohnungsbestandes in Sachsen-Anhalt), in denen über 600.000 Menschen wohnen.“
I. Die wichtigsten Ergebnisse 2018 im Überblick:
1. Die Wohnungsunternehmen investierten seit 1990 ca. 19,2 Mrd. Euro.
Heute sind rd. 95 Prozent des Gesamtwohnungsbestandes voll bzw.
teilmodernisiert. Allein im Jahr 2018 wurden 534,0 Mio. Euro investiert.
Für 2019 sind rd. 630 Mio. Euro geplant. Hauptsächlich die Erhaltung
und Modernisierung der Bestandswohnungen, aber auch der Neubau
von Wohnungen an zukunftsfähigen Standorten (157 Mio. Euro) be-
stimmt die Investitionstätigkeit. Dabei sind Formen des altersgerechten
Wohnens Investitionsschwerpunkt.
2. Die Wohnungsleerstände betrugen Ende 2018 insgesamt 32.533 Woh-
nungen. Das sind 38.500 Wohnungen weniger als noch 2005. Ohne
Wohnungsabriss wäre der Leerstand gestiegen. Die Leerstandsquote
bei den Wohnungsgenossenschaften beträgt jetzt 8,2 Prozent, bei den
kommunalen Wohnungsgesellschaften 12,6 Prozent. Insgesamt haben
die kommunalen Wohnungsgesellschaften und die Wohnungsgenossen-
schaften seit 2000 über 90.000 Wohnungen abgerissen.
In der Perspektive wird die Leerstandsproblematik zunehmen:
a) Schon heute verteilt sich der Wohnungsleerstand differenziert. Wäh-
rend die Leerstandsquote in den Großstädten bei 6,22 Prozent liegt,
ist sie im ländlichen Raum doppelt so hoch (12,9 Prozent). Ein Indiz
für die Ungleichheit von Stadt und Land in Sachsen-Anhalt.
b) In 90 von 192 Wohnungsunternehmen ist der Wohnungsleerstand
2018 gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Diese Tendenz wird sich mit
Blick auf die demografische Entwicklung im Land fortschreiben.
3. Mit durchschnittlich 4,89 Euro/m² liegen die Wohnungsangebote der
VdW/VdWg-Mitgliedsunternehmen in einem sehr guten Preis-Leistungs-
verhältnis. Im Wesentlichen durch Modernisierungsinvestitionen ist die
Durchschnittsmiete gegenüber 2017 um 1 Prozent gestiegen.
Mit Blick auf die öffentliche Debatte um Wohnungsmangel und fehlen-
den bezahlbaren Wohnraum in Ballungszentren kann für Sachsen-
Anhalt festgestellt werden, dass im gesamten Land Sachsen-Anhalt
(auch in den Großstädten Magdeburg und Halle) kein Wohnungs-
mangel besteht. Ein vergleichsweise gut modernisierter Wohnungs-
bestand kann preisgünstig angemietet werden. Gerade auch für
Menschen mit geringem Einkommen stehen bezahlbare und sanierte
Wohnungen zur Verfügung.
So stellt auch der Wohnungsmarktbericht des Landes Sachsen-Anhalt
klar, dass es keinen quantitativen Wohnungsmangel gibt. Das moderate
Mietniveau der Mitgliedsunternehmen der Verbände bewirkt ein gutes
Mietniveau im Land insgesamt.
4. Die VdW/VdWg-Mitgliedsunternehmen werden ihre Entwicklungsstrate-
gie als Antwort auf den demografischen Wandel im Jahr 2019 konse-
quent fortsetzen:
- Sie investieren in zukunftsfähige Wohnquartiere (2018/2019 rd. 1,3
Mrd. Euro) und stabilisieren und schaffen in der Folge Arbeitsplätze.
- Sie bleiben Hauptakteure beim Stadtumbau in Sachsen-Anhalt in
der Einheit von Investitionen und Abriss nicht benötigter Wohnungen.
- Sie haben das Netz der sozialen und wohnungsnahen Dienstleis-
tungen weiterentwickelt und vermehrt altersgerechte Wohnungen
geschaffen und werden diese Aktivitäten verstetigen.
II. Demografische Entwicklung und steigende Baukosten haben negative Auswirkungen auf die künftige Geschäftslage vieler Wohnungsunternehmen
Während jedes zweite Wohnungsunternehmen die gegenwärtige Geschäftslage als sehr gut bis gut bewertet, erwarten fast 90 Prozent der Unternehmen in den nächsten zwei bis drei Jahren eine unveränderte bzw. verschlechterte Geschäftslage.
Hierfür gibt es drei wesentliche Ursachen:
1. Alle Landkreise werden weiterhin deutlich Einwohner verlieren. In der
Folge sinkt die Nachfrage nach Wohnraum.
2. Die Baukosten steigen auch als Folge zunehmenden Handwerkermangels
und weiterer Bauauflagen.
3. Aktuelle politische Debatten bzw. Entscheidungen (Verstaatlichung von
Wohnungsbeständen, Mietendeckel …) „vergiften“ das Investitionsklima.
III. Politik muss sich den Tatsachen stellen
Die Schaffung und Bewahrung von gutem und bezahlbarem Wohnen ist eine besondere Herausforderung unserer Zeit. Die insgesamt gute und preiswerte Wohnraumversorgung in Sachsen-Anhalt heute ist angesichts der gewaltigen Herausforderungen eine Momentaufnahme. Die Politik muss sich der Tatsache stellen, dass für die Anforderungen an das Wohnen in den Bereichen Klimaschutz und Energiewende, altersgerechten Umbau, Quartiersentwicklung, Stadtumbau, Digitalisierung, Instandsetzung und Sanierung – und das alles unter dem Gesichtspunkt der Bezahlbarkeit bis 2030 – Investitionen allein in Sachsen-Anhalt von geschätzt 20 Mrd. Euro notwendig sind.
Wer bezahlbares Wohnen auch morgen sichern will, braucht realistische politische Konzepte.
Wir brauchen ein Bündnis von Politik, Wohnungswirtschaft und Mieten und nicht einen sinnlosen Vorschlag nach dem anderen, wie z. B.
- der Vorschlag (Berlin), Wohnungsunternehmen zu verstaatlichen. Dieser
kostet viel Geld, schafft keinen neuen bezahlbaren Wohnraum,
- der Senatsbeschluss Berlin zur Einführung einer Mietpreisbremse über
fünf Jahre. Er verhindert notwendige Investitionen.
Was sind aus Sicht der Wohnungsunternehmen richtige Antworten?
1. Die Städtebauförderung und die soziale Wohnraumförderung leisten
einen wichtigen Beitrag für die weitere Entwicklung der Städte und
der Wohnungsbestände. Sie müssen auch nach 2020 auf dem heutigen
Niveau fortgesetzt werden.
2. Das Wohngeld und die Kriterien der Kosten der Unterkunft müssen
stärker und zeitnaher als bisher an die Entwicklung der Wohnungs-
märkte angepasst werden.
Das ist die Grundlage dafür, dass auch Menschen mit wenig Einkommen
den Zugang zu angemessenem Wohnraum haben.
3. Wir brauchen eine gesellschaftliche Debatte zu der wichtigsten Frage,
wie gleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt und Land hergestellt wer-
den können, die den Menschen eine Lebensperspektive gibt.
4. Wir brauchen auch künftig einen aktiven Stadtumbau in Sachsen-Anhalt,
der von vielen Akteuren getragen wird und durch eine Stadtumbauför-
derung auf dem Niveau des Jahres 2019 unterstützt und begleitet wird.
Hierzu gehört auch eine Altschuldenentlastung.